Und
in den Wald gehe ich,

um
meinen Verstand zu verlieren

und
meine Seele zu finden

John Muir

 

 

Im letzten Blog zum selben Thema habe ich die Wirkweise der Stoffe in der Natur auf unser Immunsystem beschrieben (Hier). In diesem Blog soll es um die psychologische Wirkung von Naturaufenthalten gehen.

Aufenthalte im Wald verringern signifikant Angstzustände, Aggressionen und Erschöpfung (Studie Qing Li 2003). Bei den Probanden stellte sich mehr Entspannung und Klarheit ein und die gefühlte Kraft stieg deutlich an.
Doch wie funktioniert diese heilsame Begegnung?

Reizüberflutung versus Faszination

Dazugehören wollen und Ablehnung erfahren, sich anzustrengen und nicht zu genügen, seine eigenen Ziele oder die anderer nicht zu erreichen, ermüden und frustrieren uns.
Termin- Leistungs- und Erwartungsdruck und die vielfältigen Angebote unserer digitalen Werbewelt führen zu einer Reizüberflutung und wir reden von Stress.
Unsere Aufmerksamkeit wird überschwemmt und auf die Dauer von unserem Gehirn als bedrohlich eingestuft.

Faszination dagegen kann uns ebenso ganz ausfüllen, ist aber nicht anstrengend.
Die Psychologen Rachel und Stephen Kaplan (Umweltpsychologie – Universität Michigan) fanden in jahrzehntelanger Forschung heraus, daß Naturfaszination unsere gerichtete Aufmerksamkeit ohne Mühe wieder neu regeneriert.

 

Die eigene Seele wieder finden

Die Natur ist voll von Eindrücken, die Faszination auslösen, uns „in ihren Bann“ ziehen und Abstand von stressauslösenden Situationen ermöglichen. Dies fördert unsere Entspannung.

Geräusche
Das Plätschern des Bächleins, das Rauschen in den Bäumen schaffen eine beruhigende Grundstimmung.
Wir sind fasziniert, wie das Wasser sich in Kaskaden seinen Weg sucht oder wie Vögel auch bei nasskaltem Wetter noch fröhlich pfeifen.

Schönheit
Rote Beeren, ein frischer Grasteppich oder bunte Blumen lösen Freude und Wohl-gefühl aus. Leuchtend grüne Moose, verwunschene Bäume, ein einzelnes rotes Blatt fesseln unsere Aufmerksamkeit und beflügeln unsere Fantasie.

Gerüche
Nach einem langen Tag im Büro genießen wir die frische Luft und spüren Weite beim Atmen. Der Geruch des Waldbodens und die Düfte seiner Pflanzen zentrieren unseren unruhigen Geist.

 

Fühlen
besonders intensiv erfahren wir die Natur, indem wir ihr Material anfassen und berühren, wie sich z.B. ein Moosbewuchs oder eine Baumrinde anfühlen. Für viele ist es ein ungewohntes und besonderes Erlebnis, barfuß mitten im Wald zu gehen. Dies erdet uns intensiv und lässt uns bei uns ankommen.

Angenommen sein

wir müssen keinem Bild entsprechen, auch nicht unserem eigenen.
Die Wesen da draußen interessieren sich nicht für unsere Produktivität, unseren Erfolg, unsere Wirkung, unser Geld.
Auch Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Religion, sexuelle Neigung, Essverhalten – alles ist willkommen – wir sind völlig angenommen
Niemand sucht nach unseren Fehlern, keiner verlangt nach unserer Leistung.
Wir können fleißig sein oder faul, schnell oder langsam, hetero oder homosexuell, fröhlich oder traurig.
Das Wesen der Natur ist, niemand und nichts zu bewerten.
wir sind wirklich (!) ok und wir gehören dazu.

Und das tut unheimlich gut!

Länger dort draußen, nehmen wir nicht nur wahr, sondern leiten aus unseren Sinneseindrücken Informationen ab: Wenn wir uns drauf einlassen, haben sie plötzlich persönliche Bedeutung.
Die Natur wird zu einem Spiegel für uns und unser Leben.
Hier verschwimmen die Grenzen zwischen psychologischer und spiritueller Wahrnehmung. Davon möchte ich in einem späteren Blog berichten.

Quellen:
Biophilia – Biologe C.G, Arvay
Die wertvolle Medizin des Waldes – Waldmediziner Dr.Qing Li
Unser Wald – die Heilkraft der Bäume – GEO Kompakt Nr52

NaturGang Impuls:
Stellen Sie eine Uhr auf ca. 2 Stunden Zeit, gehen Sie über eine selbst gestaltete Schwelle aus Naturmaterialien in die Natur, abseits der Wege. Finden Sie „Ihren“ Ort.
Gehen Sie langsam ihre Sinneskanäle durch: wo und wie entdecken sie
Geräusche – Schönheit – Gerüche – Fühlen – Angenommensein?
Spüren Sie intensiv hin, lassen Sie sich viel Zeit – was nehmen Sie wahr?
Versuchen Sie vom Kopf ins Wahrnehmen zu gehen, lassen Sie sich treiben im Schauen, Riechen, Lauschen, Tasten und Fühlen.
Gehen Sie zurück über die Schwelle und lösen diese wieder auf.
Notieren Sie Ihre Erfahrungen.