Wir waren unterwegs in Slowenien und das Wetter war gar nicht prickelnd.
Auf einer Hütte erfuhren wir, dass wohl bald Regen kommen sollte und außerdem sei der Weg bei so einem Wetter menschenleer. Das hat uns gelockt.
Immer weiter gings den Berg hoch und Nebel begann herabzuwabern, wie ein großes Tuch. Langsam gingen wir den schmalen Pfad durch den zauberhaften Birkenwald, Die Sicht wurde auf ~30m begrenzt.
Und es war plötzlich still – soooo still.
 

Wir standen da und lauschten wie in Trance auf diese tiefe Stille.
Wir hörten unser Herz schlagen. Die Zeit stand still.
Die Bäume waren mehr und mehr verschwommen und wurden zu fabelhaften Wesen. Das Licht der Sonne, wie durch einen Schleier gedimmt und mystisch.
Ein großer Zauber lag auf diesem Augenblick . Tief innen rührte er etwas an von einer Sehnsucht, eine unerklärliche Sehnsucht nach diesem Eingehülltwerden und dem Glück, jetzt mitten drin zu sein. Es hätte uns nicht gewundert, wenn eine Kutsche aufgetaucht wäre, und uns zur Anderswelt eingeladen hätte. Wir wären wohl eingestiegen….

Ist so vielleicht der Übergang von dieser zur Anderswelt?
Begegnen uns in diesen Stimmungen manchmal unsere von uns Gegangenen?

Wie es wohl gewesen wäre, diese Erfahrung ganz allein gemacht zu haben?
Alle Trauernden kennen wohl diese Art von Nebel, wenn sie plötzlich ganz alleine ihren Pfad gehen. Die Sicht ist begrenzt, Menschen scheint es nicht wirklich zu geben und wohin der Pfad führt, ist ganz im Nebel verborgen.

Wenn die Trauer ganz frisch ist, fühlt es sich an, wie der Weg ins Nichts.
Dahinter kommt nichts mehr, da ist keine Sonne, keine Hoffnung. Vielleicht ist der nächste „Baum“ noch erkennbar,  der übernächste schon nicht mehr. Die „Bäume“ werden zu Wesen, die uns Angst machen. Selbst einfachste Dinge können bedrohlich werden.
Bleiben wir stehen, fühlen wir die Einsamkeit. Selbst wenn Menschen bei uns sind, scheinen sie uns nicht zu erreichen. Wie durch Nebel greifen ihre Hände ins Leere und unsere ebenso. Gehen sie ein bisschen weiter, werden sie vom Nebel verschluckt.
Wir fühlen uns auf uns geworfen und jeder Ruf aus dem Schmerz verklingt in dem verwunschenen Land.

 

Hermann Hesse schreibt dazu „Im Nebel“

Seltsam, im Nebel zu wandern!
einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den andern,

jeder ist allein

Voll von Freunden war mir die Welt,
als noch mein Leben licht war.
Nun, da der Nebel fällt,
ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich keiner ist weise,
der nicht das Dunkel kennt,
das unentrinnbar und leise,
von allen in trennt.

Seltsam im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamkeit.
Kein Mensch kennt den andern,
jeder ist allein.

 

Da tut es unglaublich gut, wenn uns plötzlich Menschen auf demselben Pfad begegnen, die auch im Nebel wandern oder die, die Mut genug haben, sich in den Nebel aufzumachen. In den Nebel, wo nichts kontrollierbar ist, wo alles andere Bedeutung hat und Prioritäten völlig verschoben sind. Menschen die einfach mit uns aushalten, dass es nichts zu lösen gibt.
Wenn das geschieht, dann liest sich NEBEL plötzlich von hinten
– LEBEN.

 

NaturGang Impuls:

Suchen sie sich bewusst einen Tag mit Regen und/oder Nebel (am ehesten morgens oder abends). Stellen Sie eine Uhr auf ca 2 Stunden Zeit, gehen Sie über eine selbst gestaltete Schwelle aus Naturmaterialien in die Natur, abseits der Wege. 
Gehen Sie mit dem Impuls: „Nebel ist Leben“ und lassen diesen an der Schwelle zurück.

Versuchen Sie vom Kopf ins Wahrnehmen zu gehen, lassen Sie sich treiben im Schauen, Riechen, Lauschen, Tasten und Fühlen.
Wie passt das Wetter im Außen zu Ihrem Innen ? Können sie „Leben“ entdecken ? Verweilen Sie.
Gehen Sie zurück über die Schwelle und lösen diese wieder auf.
Notieren Sie Ihre Erfahrungen.