Vorsicht, ggfs. an-stößig….etwas an-stoßen….
Was ist Spiritualität für Sie?
Was ist Ihr erster Impuls
beim
Betrachten des Bildes?
Der Begriff „Spiritualität“ wird heute oft verwendet, manchmal schon inflationär und jede/r scheint was anderes darunter zu verstehen:
religiös, nicht religiös, mit- oder ohne Gott, in einer Kirche oder der Natur, Jesus und ich, Versenkung, Meditation, mit höheren Wesen oder als Beziehung zu den Menschen und anderes…
Irgendwann einmal wurde ich neugierig, wie andere Traditionen ihren Kontakt zum Urquell des Lebens gestalten.
Auf Reisen hatte ich Kontakt zu Menschen anderer kultureller, religiöser und nicht-religiöser Prägung.
Mir fiel auf, dass nicht wenige eine ausgeprägte Liebe zu anderen Menschen hatten, sich für sie engagierten und ihnen Respekt und Toleranz entgegen brachten.
Daraufhin habe ich neben den Gesprächen immer wieder entsprechende Literatur gelesen
Bei diesen Schilderungen hat mich manches verblüfft, erstaunt, geschockt, konnte ich kaum glauben. Aber ich spürte die Ernsthaftigkeit dieser praktizierenden Menschen, die die Verbindung zu ihrem Ursprung suchten.
Das drängte mich zu der Frage:
Was ist denn mit meiner christlichen Weltsicht, wenn andere eine ganz andere haben oder deren Erfahrungen manchmal weit über das hinausgehen, was ich selbst erlebe? Was ist, wenn diese auch „wahr“ sind.
Ist es denn überhaupt möglich, mit meinem christlichen Hintergrund andere „einzuordnen“ oder gar zu be-urteilen?
Durch Erfahrungen in meiner Tradition und in Begegnung und Auseinandersetzung mit anders-denkenden Menschen wurde mir immer mehr deutlich:
Wenn wir immer nur christliche Bücher lesen, vorwiegend mit christlichen Menschen zusammen sind, christliche Berater haben, christliche Veranstaltungen/Seminare besuchen, uns freuen, wenn unsere Kinder christliche Wege gehen, dann werden wir bestenfalls in christlichem Denken und Handeln weiterwachsen. Unsere Weltsicht wird zwar fokussierter aber auch enger.
Wir haben den christlichen Ausschnitt der gesamten Wirklichkeit/ Realität kultiviert und erforscht. Das ist ein Weg und der ist gut. Aber es ist eben nur ein Ausschnitt.
Schwierig wird es dann, wenn wir als Christen mit unserer Tradition zu wissen glauben, was für andere real sein sollte, was gut und richtig, oder besser stimmig für sie ist.
Also nur unsere die „rechte“ Spur ist.
Für wünschenswert halte ich eine Weitung unserer Sichtweise: nicht mehr entweder oder, sondern hin zu einem sowohl als auch.
Doch dazu bräuchte es eine große Offenheit und Angstfreiheit.
Denn es gibt offensichtlich noch andere als unsere Wege:
Was dort gelehrt wird und geschieht, ist für christliche Ohren oft nicht nachvollziehbar, fremd, bedrohlich und wird schnell ins Esoterische (nach innen gerichtet) und Okkulte (verborgen) ab-geschoben.
Vor allem die mystischen Lehren und Praktiken des Judentums, der Sufis (Islam), der indischen Yogis, der Himalaya Meister u.a. lassen sich mit christlichem Verständnis nicht so leicht fassen.
Obwohl ja auch Jesus mit seinem Vater „metaphysisch“ kommuniziert und Wunder vollbracht hat. Ähnliches bei anderen Traditionen müsste für uns eigentlich selbstverständlich sein.
Am dichtesten sind ähnliche Erfahrungen wohl bei den Mystikern aller Traditionen. Wenn wir uns in unserer Tradition darauf einlassen, kommen wir mit anderen besser zurecht und können von ihnen lernen.
Viele möchten (noch) bessere Christen werden.
„ Jesus ging es nicht darum, dass die Menschen bessere Christen werden, sondern dass sie ganz Mensch werden.“ Richard Rohr
Dieses Ziel haben auch andere spirituelle Traditionen.
Vielleicht erfordert es Mut und Neugier, um mal über den (christlichen) Tellerrand zu blicken
und zu schauen, wie andere Traditionen die Welt sehen und nach dem Urquell des Lebens suchen.
Wir werden entdecken, wie viel Ernsthaftigkeit dabei ist und wieviel Liebe bei ihnen möglich ist.
Desmond Tutu hat es so formuliert: „Unterschiedliche Glaubensrichtungen helfen uns, die Unermesslichkeit Gottes zu erkennen“.
Ein Gedicht von Ibri Arabi macht mich immer wieder nachdenklich:
Es gab eine Zeit
da ich meinen Nächsten ablehnte,
wenn sein Glaube nicht der meine war
Mein Herz ist fähig geworden,
alle Formen anzunehmen:
Es ist Weide für Gazellen
und Kloster für Christenmönche
Tempel für Götzenbilder
und Kaaba für Pilger,
es ist Gefäß für die Tafeln der Thora
und Verse des Korans
Denn meine Religion ist die Liebe
Ganz gleich, wohin die Karawane der Liebe zieht,
ihr Weg ist der Weg meines Glaubens
Voraussetzung zur Weitung wäre für mich, Interesse und Neugier zuzulassen. Wie ein Freund mir mal sagte: „wenn du Deine Zirkelspitze tief verankert hast, kannst Du Deine Kreise weit ziehen“.
Dann sind andere Sichtweisen plötzlich nicht mehr bedrohlich.
Bei ausländischen Schülern erfahre ich manchmal Interessantes über deren religiösen Hintergrund.
Vielleicht gehen Sie mal in ein Asylcafe oder besuchen das eine oder andere Seminar, z.B. über Mystik oder das Herzensgebet.
Im Anhang finden Sie eine Auswahl von Büchern, die mich immer wieder inspiriert und herausgefordert haben.
Die Liste besteht aus Werken nicht-christlicher Traditionen und im zweiten Teil christlicher Tradition und sind rein subjektiv.
Ihre Liste wird sicher ganz anders aussehen.
Viel Spaß und Staunen bei Ihrer persönlichen Entdeckungsreise.
Noch interessant zum Weiterlesen – Spiritualität in Deutschland