„Er lag lange da
lauschte dem Atem der beiden Schläfer
und sann über die Wildnis nach
die Wildnis ringsum
die Wildnis in ihm…“
John Grady in
„all die schönen Pferde – Cormac McCarthy“
Bild mit freundlicher Genehmigung von Jim Brandenburg Minnesota
Und plötzlich ist er wieder da – der Wolf.
Lange vergessen, völlig ausgerottet. Manche Unterstützungsprogramme wurden gestartet, um ihn zu schützen oder gar wieder anzusiedeln. Und dann kommt er, ganz heimlich und unkontrollierbar.
Und wir ?
die einen begeistert, die anderen entsetzt, weil er sich dort seine Beute holt, wo es für ihn am leichtesten ist. Natürlich sind wir nicht gewohnt, mit ihm zu leben und offensichtlich möchten wir uns ihm auch nicht anpassen. Interessant ist, dass Schäfer in Spanien über Generationen gelernt haben mit dem Wolf zu leben. Mit Pyrenäenberghunden haben sie sich wohl erfolgreich angepasst.
Woher kommt denn die große Angst vor diesem scheuen Tier ?
Vielleicht sind wir durch sein Auftauchen tief innen plötzlich mit unserer eigenen Wildheit konfrontiert.
Dort wo unsere ursprünglichen Instinkte wohnen, die wir über Generationen und mit vielen Verhaltensregeln domestiziert haben.
Gemeint ist nicht ein um sich schlagendes Machogehabe, sondern unsere intuitive Seite, die frei sein möchte, frei von Konventionen und zu vielen Regeln. Diese kann kraftvoll und zärtlich sein, wie Richard Rohr in seinem Buch „der wilde Mann“ ausführlich beschreibt.
Etwas reizt uns, „wild“ zu sein und das macht uns oft große Angst.
Angst vor dem Wilden, dem Wilden in uns, dem Ungezähmten, Unkontrollierbaren.
Daher dämonisieren wir die Wildnis, die Wilden, den (bösen) Wolf, den dunklen Wald, generell das Unbekannte, und manchmal nennen wir es „heidnisch“.
„Unsere Kirchen haben weitgehend das Angepasste gefördert, und uns ein braves Evangelium gelehrt . Einen blonden, blauäugigen harmlosen Jesus – wir haben ihn und sein Evangelium gezähmt und den Menschen gesagt, was sich gehört und was nicht“, meint R.Rohr.
Und das, obwohl schon C.S.Lewis erklärte: „Gott, ja wissen sie, er ist wild“.
Niemand hat uns gelehrt, wie wir es aus-leben könnten, ohne Schaden anzurichten, sondern zum Wohl der Gemeinschaft zu entfalten. So leben wir oft so, wie „man“ lebt, was sich gehört, was „man“ macht und was nicht.
Das Wilde in uns findet einen Widerhall draußen im Wilden und lernt sich auszudrücken.
Konventionen und „das“ Verhalten gelten dort nicht. Niemand sagt uns, was richtig und falsch ist.
Lange genug in der Natur, wissen wir sehr schnell, was wir wollen und was für uns richtig, oder besser, stimmig ist.
Denn es geht ja grade nicht um die Bewertungen durch andere oder durch uns selbst. (die Natur be-wertet nicht)
Bild mit freundlicher Genehmigung von Jim Brandenburg Minnesota
Einfach gesprochen, lernen wir, auf unser Herz zu hören (Saint-Exupery) ,
Denn das scheint mir wesentlich zu sein und viele wünschen sich das..
Im Film „Wild“ spielt Lilith Stangenberg eine junge Frau, die
sich in einen Wolf „verliebt“. Der Wolf lockt sie, ihre Wildheit zu erkennen und dieser Wildheit die Türe zu öffnen.
Ich finde die Handlung des Films harte Kost, aber auch faszinierend, weil viel auf der intuitiven Ebene geschieht. Es geht ums Ausbrechen, auch mal unvernünftig sein, Eitelkeit und Nacktheit spielen keine Rolle. Vielleicht ist „lebendig sein“ eine gute Zusammenfassung.
Im Interview erklärt sie: „das faszinierende in der Arbeit mit dem Wolf war, daß, wenn ich verkrampft, angespannt oder ängstlich war oder mich unwohl gefühlt habe, nicht authentisch also,
hat der Wolf es an meiner Körpersprache gelesen und hat mir sofort mißtraut. Es hat nichts mehr geklappt. So hat er mich gezwungen, echt zu sein. Das habe ich in so einer Radikalität mit Schauspielern nie erlebt.“
„In die Augen eines Wolfs zu schauen ist wie in die eigene Seele zu blicken“ sagt Amanda Beer. https://wolfconnection.org/ Vielleicht ist das der wahre Grund, was uns solche Angst macht…
Die Natur ist immer echt, und kommt offensichtlich sehr gut zurecht, solange der Mensch nicht irgendwo eingreift.
Und sie bietet uns ihr unbestechliches Gegenüber an, in dem wir uns sehen können, wie wir grade sind.
In der Naturarbeit erlebe ich immer wieder, wie Menschen ihre Instinkte, Gefühle und ihre Intuition neu entdecken. Die Erlebnisse gehen weit über unser z.T. schon „digitales Denken“ hinaus und zeigen, wie die Seele mehr und mehr gleich-schwingt mit dem, was da ist, ohne gleich zu bewerten und einzuteilen. Denn plötzlich hat sie die Erlaubnis „wild“ zu sein
Das macht diese Aufenthalte da draußen so wertvoll.
NaturGang Impuls
Vielleicht haben Sie mal wieder Lust, in die Natur zu gehen, abseits der Wege, und 2 Stunden oder länger hin-zu-schauen und hin-zu-spüren.
Gehen Sie über eine selbst gestaltete Schwelle aus Naturmaterialien in die Natur. Gehen Sie mit dem Impuls: wie finde ich dort draußen „Wildheit“ vor ?
Versuchen Sie vom Kopf ins Wahrnehmen zu gehen, lassen Sie sich treiben im Schauen, Riechen, Lauschen, Tasten, nach außen und nach innen.
Was fühlen sie im Außen und was im Innen und , was macht das mit Ihnen ?
Gehen Sie zurück über die Schwelle und lösen diese auf.
Notieren Sie Ihre Erfahrungen.